Montag, 6. Februar 2006

Ein Augenblick


Ich stand in Kreuzberg an einer großen, belebten Straße, auf den Augenblick wartend, eine Lücke zwischen den vorbei rasenden Autos zu entdecken, die es mir ermöglichte, unbeschadet auf die andere Seite zu gelangen, als ich den schönsten Mann sah, der mir jemals vor die Augen gekommen war. Er stand ein Stück weiter den Gehweg hinunter, nahe am Bordstein, und wartete wie ich auf den günstigsten Moment, die Straße zu überqueren. Wie magisch angezogen näherte ich mich ihm, was er nicht zu bemerken schien, da sein Blick kein einziges Mal in meine Richtung fiel. Groß und breitschultrig stand er wie ein Fels in der Brandung dort am Straßenrand, und blickte durch seine dunklen Sonnenbrillengläser hochmütig über die brausende Autokolonne hinüber auf die gegenüber liegende Straßenseite. Unauffällig näherte ich mich ihm, bis ich trotz des Straßenlärms seinen ruhigen Atem hören konnte. Ganz zufällig und unbeteiligt stellte ich mich neben ihn, und betrachtete ihn aus den Augenwinkeln, so wie ich verstohlen ein verbotenes Gemälde bewundern würde...als er plötzlich, völlig unvorhergesehen einen Schritt nach vorne machte, die Bordsteinkante verließ, und zielstrebig auf die Fahrbahn lief, ohne auf die heraneilenden Autos zu achten. Mit einem spontanen Satz nach vorn sprang ich hinter ihm her und riss ihn gerade noch rechtzeitig zurück, bevor ihn ein schwerer Mercedes zermalmen konnte.
„Sind sie verrückt geworden, sie können doch nicht einfach ohne zu gucken über die Straße rennen“, schrie ich ihn vor lauter Schreck zornig an.
„Ich wollte nur wissen, ob mich überhaupt noch jemand sieht“, murmelte er entschuldigend in meine Richtung.
Meine Stimme überschlug sich fast vor Empörung.
„Das ist alles??? Wenn ich nicht schnell genug gewesen wäre, lägen sie zermatscht unter einem Auto, ihr Blut hätte mich vollgespritzt, und ich wäre für den Rest meines Lebens schwer traumatisiert...!“
Langsam nahm er die Brille ab und drehte sich zu mir herum. Entsetzt trat ich einen Schritt zurück. Dort, wo eigentlich seine Augen hätten sein sollen, starrten mich nur ein Paar leere Augenhöhlen an.
„Ich denke doch,“ meinte er lächelnd, „ dass das Trauma weitaus schlimmer für mich geworden wäre.“
Und ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und lief langsam die Straße entlang, bis er hinter der nächsten Hausecke verschwand. Wütend und beschämt sah ich ihm hinterher, dann machte ich mich auf die Suche nach der nächsten Ampel.

Unerreichbare Stille

Wenn ich für dieses Jahr einen Wunsch frei hätte, wäre "RUHE" meine erste Wahl. Eine globale Ruhe, ein Welten umfassender, einjähriger Stillstand. Die Menschen verlangen ununterbrochen nach mehr, nach immer Neuerem, immer Besserem. Sie haben verlernt, inne zu halten, kurz stehen zu bleiben, einen Augenblick zu verharren, um sich zu besinnen und einfach einmal die Stille zu geniessen. Was wäre denn nur ein einziges Jahr im Vergleich zu Zehntausenden? Ein Staubkorn am Strand, unwichtig und doch Teil des ganzen. Also, sich ein Jahr lang nur aufs Wesentliche zu konzentrieren, nämlich auf das "Hier" und "Jetzt", ohne Hast und Eile, nur einfach "sein" zu können...wie schön wäre das.
Im ruhigen Alleingang werde ich sofort von den hastenden Anderen überrannt, darum muß ich wohl auch in diesem Jahr wieder mitlaufen...auf ein neues, hektisches Jahr!!!

Schmetterlings Flügelschlag

Von kleinen Ursachen und großen Wirkungen

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